Anton Bruckner – Agapitus von Praeneste – Gregor Lechner

Am oberösterreichischen Jahresregenten 2024 gibt es auch in Kremsmünster kein Vorbeikommen: Gerne war Anton Bruckner zu Gast bei uns im Stift – er hatte hier gute Freunde, darunter v. a. P. Oddo Loidol, Musiklehrer am Gymnasium, der Bruckners Lehrveranstaltungen in Wien besucht hatte und dem der Meister seine berühmten Motetten „Christus factus est“ und „Locus iste“ widmete. Bruckner pflegte auch mit den Kremsmünsterer Gymnasiasten geselligen Umgang. Da er deren Bitte, beim Sonntagsgottesdienst in der Akademischen Kapelle auf der Orgel zu spielen, aufgrund von Schmerzen in den Beinen nicht entsprechen konnte, widmete er der 8. Klasse des Jahrgangs 1892/93 ein Exemplar seines Schutzengelhymnus „Iam lucis orto sidere“, wofür sich die Maturanten in einem Schreiben an den Meister herzlich bedankten. Ein „kleiner Splitter“ aus der Geschichte unseres Gymnasiums, den wir beim 7. Treffen des „Circulus humanitatis Cremifanensis“ zum Thema machten, indem wir den Text des Hymnus, der auch zum aktuellen Repertoire des Stiftskirchenchores gehört, übersetzten.

Dann beschäftigte sich die altersmäßig breit gestreute Runde (von 16 bis 88!) mit weiteren für Kremsmünster spezifischen Gedenkterminen anno 2024: Wir lasen Texte über den Hl. Agapitus, den Patron des Stiftes Kremsmünster und des Gymnasiums. Seit Ende des 9. Jahrhunderts befinden sich bei uns im Stift Reliquien des jugendlichen Christen, der 15jährig im Jahr 274 (somit vor 1750 Jahren) unter dem römischen Kaiser Aurelian in Praeneste (Palestrina, südöstlich von Rom) den Märtyrertod erlitten hatte. Ein herzlicher Dank gilt meinem Maturakollegen MMag. Günter Ketterer, der uns fotografische Reiseeindrücke über Palestrina darbot!

Anschließend nahmen wir einen Text aus P. Marian Pachmayrs 1777 erschienen lateinischen Geschichte des Stiftes Kremsmünster, orientiert an der Äbtereihe, über Abt Gregor Lechner zur Hand. Dieser machte 1549 (vor nunmehr 475 Jahren) die Schulen des Stifts öffentlich zugänglich und gilt somit als Gründer des Stiftsgymnasiums Kremsmünster. Gregor Lechner stammte aus Schärding und stand in Beziehung zu intellektuellen Größen seiner Zeit, so z. B. zum Poeta laureatus Caspar Bruschius, der in seinem Werk über Klöster im deutschsprachigen Raum den Kremsmünsterer Abt als Freund und Förderer der Wissenschaften lobt und der die Gründung des Gymnasiums als dessen besondere Leistung betont.

Zum Abschluss betrachteten wir im Schulgebäude zwei Darstellungen des Hl. Agapitus (ein großes Tafelbild von der Künstlerin Lydia Roppolt sowie ein Porträt auf der Schulfahne im Gang des 1. Stocks) und daraufhin das älteste im Stift vorhandene Abtporträt (Gregor Lechner, aus dem Jahr 1558), das im Werk Pachmayrs beschrieben wird und jetzt in der Gymnasialdirektion hängt – danke für die Möglichkeit an Direktor Klemens Keplinger, der ebenfalls an unserer CHC-Runde teilgenommen hatte!

In der Stiftsschank gab es daraufhin das inzwischen schon gut eingeführte „Inofficium“ mit Imbiss und Unterhaltung – und auch einem Getränk gemäß dem Grundsatz „Potus non frangit ieiunium“ – „Trinken bricht das Fasten nicht“.

Alle historisch, literarisch und künstlerisch sowie an lateinischen Originaltexten Interessierten (keine Angst, es gibt keine Vokabel- und Grammatikprüfungen …!) sind herzlich eingeladen, bei unseren vierteljährlichen CHC-Runden, die in der Regel an Freitagen um 16.00 Uhr beginnen, mitzutun! Wer Lust und Zeit hat – bitte um kurze Nachricht an wolfgang.leberbauer@stiftsgymnasium-kremsmuenster.at.

Wolfgang Leberbauer