Im Fasching gepredigt
"..., dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt." Eine Predigt mit Tiefgang und das in Reimform.
Der emeritierte Regionalbischof von Bayern, Christian Schmidt, ist ein ausgezeichneter Redner. Beim Gottesdienst von Mehrwert Glaube am 4. Februar 2022 hielt er die Predigt einmal auf andere Weise. Mit Humor und Tiefgang verkündete er das Wort Gottes in Reimform. Auszüge der Predigt sind hier nachzulesen.
Hauptsache ist, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt
Und wieder ist - hellau, hurra -
der schöne Faschingssonntag da
und lädt uns zu - ob groß, ob klein -
der etwas andern Predigt ein.
Vorweg: Ich will, was zu betonen,
euch mit Corona heut verschonen,
weil‘s nichts zum Lachen ist, bedenkt,
und einem schon zum Hals raushängt …
Doch könnt die Seuche, ich tu‘s spüren,
uns hin zu einem Thema führen,
das grad in dieser schweren Zeit
ist von enormer Wichtigkeit.
An das woll‘n vor dem großen Fasten
zusammen wir heran uns tasten,
wozu ich erst einmal ein Stück
in meinem Leben geh zurück.
Ein junger Mensch bin ich gewesen,
hab in den Büchern viel gelesen,
und nachgedacht, wie es gefällt
der Jugend, über Gott und Welt.
Da sagt eine gescheite Dame -
zur Sache tut jetzt nichts der Name -
mir einen Satz - ganz ohne Witze -
den fand ich wirklich einfach spitze!
Der ist zwar nicht im Reim geschrieben,
und trotzdem hängen mir geblieben,
und, weil gerochen ihr den Braten,
will ich den Satz euch auch verraten:
„Hauptsache ist, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt!“
Womit wir nun beim Thema wären:
Wir müssen erst einmal es klären
und, ja, nach der Erkenntnis streben:
Was ist die Hauptsache im Leben,
und warum soll für Groß und Klein
denn das genau die Hauptsach sein? …
Von beinah‘ all‘n, ihr glaubt es nicht,
hab‘ ich dieselbe Antwort kriegt,
sie kam fast wie aus einem Mund:
Die Hauptsach ist, wir bleib‘n gesund! …
Und doch sag ich jetzt mit Gewicht:
die letzte Hauptsach‘ ist sie nicht!
Warum? Weil, dass des Ganze taugt
zur Gsundheit man auch Glück noch braucht! …
Für viele gilt ja auf der Welt:
Die Hauptsach ist - na was? - das Geld!
Was könnt‘ ich mir da alles leisten,
hätt‘ ich genug - so sehn‘s die meisten
und suhlen sich, wenn was draus werd
dann drin wie Onkel Dagobert …
Doch mir die Frag‘ kommt in den Sinn:
Ob die dann wirklich glücklich sind? …
Jetzt müssen wir, du wirsts verstehn,
gleich noch ein Schrittchen weitergehn -
drauf hat mein Lehrer mich gebracht
in Mathe, der hat immer g‘sagt:
Merk dir: Lern was, dann kannste was,
dann haste was, dann biste was!
Und hat damit gelehrt uns Knaben:
die Hauptsach ist - genau! - das Haben! …
Ob er sein Leben mehr und mehr
stets definiert vom Haben her,
vom „haste was, dann biste was“,
von „Hauptsach‘ is, ich hab mein Spaß!“
Wenn eins bloß danach strebt, o mei,
lebt er am wahren Lebn vorbei,
weil, wem es nur geht um sein Ich,
der bleibt dann oft auch nur für sich…
Zurück! Was kann wohl ganz allein
Hauptsache der Hauptsachen sein?
Nicht Gsundheit, Ansehn, Grips und Geld
kann sein die Hauptsach‘ auf der Welt,
und, dass ich es noch höher schraube,
nicht einmal Religion und Glaube …
Nein, dass ich es ins Herz euch schriebe:
die wahre Hauptsach‘ ist - die Liebe,
das steht in der Thora ja schon,
und das sagt auch der Gottessohn...
Er sagt: Du darfst mir echt vertrauen,
du kannst auf Gottes Liebe bauen,
die kann dir wirklich niemand rauben,
das darfst und sollst du feste glauben.
Da kommt jetzt - ich sag nicht zu viel -
der Glaube doch stark mit ins Spiel:
Um Jesu willen darf ich‘s glauben -
da mögen Tod und Teufel schnauben,
da mag‘s bestimmt in meinem Leben
auch Krankheit, Leid, Enttäuschung geben:
Ich bin geliebt, weil Gott, o Christ,
die Liebe, nichts als Liebe ist.
Zur Lieb‘ - auch das hab‘ ich entdeckt -
gehört - na was wohl? - der Respekt,
dass ich den andern nehme an,
wie Jesus es mit uns getan,
auch dann, wenn er - so denke ich -
ganz andrer Meinung ist als ich.
Die gesamte Predigt in Reimform ist HIER nachzulesen. Es lohnt sich!
Christian Schmidt (*1948) ist emeritierter Regionalbischof im Kirchenkreis Ansbach-Würzburg der evang.-luth. Kirche in Bayern und Gründungsprior des Evangelischen Konvents Kloster Heilsbronn. Er ist verheiratet und hat drei Töchter und sechs Enkelkinder. Seit 1973 ist er mit dem Stift Kremsmünster freundschaftlich verbunden.
Bereits im Mittelalter gab es den Brauch, an Fasching einmal anders zu predigen. Mancherorts verkleidete man einen Buben als Bischof, der dann der Geistlichkeit die Leviten las. Schon 1986 hat Christian Schmidt in seiner Kirche die Tradition der Faschingspredigt aufgegriffen, allerdings in anderer Weise: Er predigt an Fasching mit Humor, im Dialekt und im Reim, und es darf auch gelacht werden. Trotzdem: Predigt bleibt Predigt; es geht immer das Wort Gottes, wenn eben auch einmal auf andere Weise. Mit Witz und Tiefgang wird so mancher menschlichen Eigenschaft der Spiegel des Evangeliums vorgehalten. 2012 wurde Christian Schmidt für seine fränkischen Reimpredigten und Gedichte der „Frankenwürfel“, so etwas wie ein „fränkischer Nobelpreis“, verliehen.