Nomen est Omen
Am 10. Februar begehen wir das Fest der heiligen Scholastika, der Schwester des heiligen Benedikt.
Nomen est Omen, so können wir über das Leben der hl. Scholstika, der Schwester des hl. Benedikt schreiben. Nomen est Omen: Ihr Name ist ein Zeichen und deutet darauf hin, was ihre Lebensaufgabe war: Lernen und Lehren. Der Name „Scholastika“ kommt vom Lateinischen Schola, d.h. Schule, hat also mit dem Lernen und Lehren zu tun. Darum bedeutet der Name sowohl die „Lernende“ als auch die „Lehrende“.
Beides hat Scholastika ein Leben lang gemacht. Sie war Lernende und Lehrende. Ihr Bruder, der hl. Benedikt schreibt in seiner Regel: „Wir wollen also eine Schule für den Dienst des Herrn einrichten“ (RB Prolog 45). Diese Schule besteht im Hinhören auf Gott, im Gebet, aber auch in der Arbeit, im Dienst für den Menschen, für die Welt. In diese Schule des monastischen Lebens ist Scholastika gegangen und war sicher eine gelehrige Schülerin ihres Bruders, der auch für sie ein Lehrmeister war und dessen Regel sie übernahm.
Scholastika selbst war aber auch eine Lehrmeisterin für das monastische Leben für die Frauen, die sich ihr anschlossen. Sie ist die Gründerin der Benediktinerinnen. Sie hat, wie wir noch sehen werden, kurz vor ihrem Tod in einem bestimmten und wesentlichen Punkt ihrem Bruder Benedikt, so kann man sagen, eine Lehre erteilt.
Das Leben der heiligen Scholastika
Scholastika wurde um das Jahr 480 in Nursia, einem kleinen Städtchen in Umbrien geboren, und wuchs in einer adligen Familie auf. Wie ihr Bruder tauschte auch Scholastika diese sichere soziale Stellung gegen eine eher ungewisse Zukunft ein. In jugendlicher Begeisterung teilte sie die Sehnsucht ihres Bruders als Mönch zu leben und wollte Ordensfrau werden. So lebte Scholastika erst in einem Kloster bei Subiaco, ganz in der Nähe ihres Bruders Benedikt. Als dieser aber das Stammkloster seines Ordens auf dem Monte Casino gründete, bat sie ihn, ihm folgen zu dürfen. Benedikt ließ ihr und ihren Gefährtinnen am Fuße des Berges ein kleines Kloster bauen, dem Scholastika als Äbtissin vorstand.
Kenntnis über die heilige Scholastika erhalten wir allein aus der Lebensbeschreibung des heiligen Benedikt, von Papst Gregor dem Großen († 604) verfasst. Darin schreibt er in zwei Kapitel über die hl. Scholastika und erzählt, dass sich Benedikt und seine Schwester einmal im Jahr zum geistlichen Gespräch trafen. Scholastika wollte aber noch länger mit ihm im geistlichen Gespräch verweilen. Als Benedikt, getreu der Regel aufbrechen wollte, flehte ihn seine Schwester an, offensichtlich in Vorahnung ihres baldigen Todes, bei ihr zu bleiben. Doch Benedikt drängte zum Aufbruch. Über Nacht außerhalb des Klosters zu sein, verbot die Ordensregel.
Scholastika betete inständig zu Gott, damit er ihr helfe. In diesem Augenblick kam ein gewaltiges Gewitter mit Blitz Donner und Wolkenbruch, sodass Benedikt nicht weggehen konnte. Er musste bleiben. So konnten sie, wie Papst Gregor schreibt, „die ganze Nacht durchwachen und im heiligen Gespräch ihre Erfahrungen über das geistliche Leben austauschen und sich gegenseitig stärken.“
Als Benedikt drei Tage später in seiner Zelle am Fenster stand und seine Augen zum Himmel erhob, sah er die Seele seiner Schwester in Gestalt einer Taube zur himmlischen Vollendung aufsteigen (sie wird daher mit einer Taube dargestellt). So wusste er, dass sie gestorben war. Er war darüber aber nicht traurig, im Gegenteil, er freute sich und dankte Gott mit Hymnen und Lobliedern. Daraufhin schickte er Brüder hinunter und ließ ihren Leichnam auf den Berg hinaufbringen. Benedikt hatte schon zuvor für sich eine Grabstätte bereiten lassen. Nun legte er ihren Leib in das für ihn bestimmte Grab. Gregor sagt dazu: „So traf es sich: Selbst das Grab konnte ihre Leiber nicht trennen, war doch ihr Geist immer in Gott eins gewesen.“
Die „größere Liebe“, die „mehr“ vermochte
Papst Gregor fühlte sich verpflichtet für dieses seltsame Wunder eine Erklärung zu geben. Denn er wollte ja Benedikt, den Helden seines Buches, als heiligen Mann hinstellen, der vieles vermochte und zustande brachte. Doch hier unterlag er den Wünschen seiner Schwester Scholastika, die mit ihm noch länger reden wollte. Gregor meint darum: „Jene vermochte mehr, weil sie mehr liebte.“ Für Benedikt aber stand das Einhalten des Gesetzes seiner Regel im Vordergrund.
Was zählt, ist schlussendlich nur die Liebe, die „größere Liebe“, die Scholastika besaß und dadurch „mehr“ vermochte. Scholastika wird dadurch zur Lehrmeisterin ihres Bruders. Denn sie zeigte ihm durch ihr Gebetswunder, dass die Liebe und nichts anderes das Größte ist. Auch die von ihm selbst erlassenen Ordensregeln haben in bestimmten Situationen hinter der Liebe zurückzustehen.
Abt Ambros