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06. November 2024

Wo ist dein Herz?

Evangelienauslegung zum 32. Sonntag im Jahreskreis, 10. November 2024, verfasst von P. Daniel Sihorsch

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus (Mk12,38-44)

In jener Zeit lehrte Jesus eine große Menschenmenge und sagte: Nehmt euch in Acht vor den Schriftgelehrten! Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt, und sie wollen in der Synagoge die Ehrensitze und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben. Sie fressen die Häuser der Witwen auf und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete. Umso härter wird das Urteil sein, das sie erwartet.

Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hineingeworfen; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles hergegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.

Wo ist dein Herz?

Rasch geht es bei Jesus ans Eingemachte. Eben noch wurde er nach dem wichtigsten Gebot gefragt und er antwortete mit der trinitarischen Einheit von Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe. Dass dies keine theoretische Lehre bleiben darf, erfahren wir heute. Hart kritisiert er die Schriftgelehrten, die diese dreifache Liebe pervertieren. Ihnen geht es religiös um Äußerliches, um Prestige: Gewänder, Ehrenplätze, scheinheilige Gebete. Das Herz – es ist weit weg von Gott! (vgl. Jes 29,13) Zudem wird der Nächste, der sozial Schwache ausgenützt – die Witwe um ihren Besitz gebracht. Herz, wo bist Du? Das Ego, das eigenen Fortkommen, gerade auch auf Kosten anderer, steht im Mittelpunkt und pervertiert das eigene Selbst. Jesus kritisiert jene, die aus ihrer Religiosität eine Show machen und zugleich andere hinterrücks ausbeuten.

Doch Gott beginnt mit den Kleinen – nicht nur er selbst als Kind, nicht nur die Kinder, denen das Reich Gottes gehört, sondern auch die gesellschaftlich „Kleinen“, wie die die arme Witwe, werden von Gott, von Jesus vor den Vorhang geholt. Extra ruft Jesus seine Jünger zu sich, feierlich spricht er: „Amen, das sage ich euch“. „Das was ich jetzt sage, hat Gewicht!“ In den Augen der Menschen ist diese Opfergabe der Witwe mit den zwei kleinen Münzen wohl unbedeutend. Damit kann sie nicht prahlen, ihr Opfer nicht hinausposaunen. Aber die Witwe hat Vertrauen, dass es Gott sieht, sie vertraut, dass Gott auch das Kleine annimmt. Es ist ihr Herz, dass sich Gott zuwendet, und diese Liebe zu Gott ist unabhängig von äußerer Sichtbarkeit, unabhängig von marktschreierischem Getue. Und genauso schenkt ihr Gott An-sehen, seine Liebe. Die Witwe gab ihren ganzen Lebensunterhalt, das heißt ihr „Leben“ („bion“). Jesus geht es um eine Beziehung von Herz zu Herz – unter uns Menschen und hin zu Gott. Das ist es, was zählt.

P. Daniel Sihorsch, verfasst für Volksblatt online