Musik-Manuskripte im Zentrum der Forschung
Die im Musikarchiv des Stiftes Kremsmünster verwahrten Manuskripte von P. Benedikt Lechler (1594-1659) stehen im Interesse der Musikwissenschaft.
Forscher erkunden Rätsel um Musik-Manuskripte
Musikwissenschaftler wollen aus Analyse von 350 Papierbögen der sogenannten Lechler-Manuskripte neue Erkenntnisse über die barocke Aufführungspraxis gewinnen. Ein Bericht der Kathpress.
Eine der bedeutendsten Sammlungen geistlicher Barockmusik – die in Stift Kremsmünster verwahrten Manuskripte von Benedikt Lechler (1594-1659) – hat das Interesse von Wissenschaftlern geweckt. Ein soeben gestartetes Forschungsprojekt der Linzer Anton Bruckner Privatuniversität soll neue Erkenntnisse über die Aufführungspraxis im zentral-österreichischen Raum – wie etwa der tatsächlichen Besetzung von Musikensembles im Barock – zutage bringen, geht aus einem Beitrag der Tageszeitung „Der Standard“ hervor.
Lechler war in Stift Kremsmünster Komponist und Chorleiter. Die im Musikarchiv des Klosters verwahrte Sammlung seiner rund 350 filigran beschriebene Papierbögen von zumeist sakraler Kirchen- und Instrumentalmusik ist aus musikwissenschaftlicher Sicht bis heute außergewöhnlich, denn: Lechler schrieb, womöglich inspiriert durch eine Italienreise, die Werke in Partiturform. Üblich war in seiner Zeit hingegen, nur der Melodie- und der Bassstimme eine jeweils eigene Notenzeile zu widmen, womit die genaue Besetzung der Bassgruppe – etwa, wann die Lauten aufhören oder die Violine einstimmen sollte – nicht aufscheinen.
„Lechler verwendet für jedes Instrument, das er hörte oder für das er komponierte, eine eigene Notenzeile. Das macht ihn für seine Zeit zu einer totalen Ausnahme und gibt uns wertvolle Hinweise zur Musikpraxis in Kremsmünster“, wird in dem Zeitungsbericht Carin van Heerden, Leiterin des akademischen Forschungsprojekts, zitiert. Auf Antworten hoffe sie insbesondere hinsichtlich der Frage nach der konkreten Instrumentierung der fortlaufenden Bassstimme – der sogenannten Basso continuo – als harmonisches musikalisches Fundament.
Indiziert wurde das Forschungsprojekt durch den international renommierten Solist und Lautenist Hubert Hoffmann infolge von dessen Recherchen im Kremsmünsterer Musikarchiv. Auch die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, die Kunstuniversität Graz und die Universität Salzburg sind beteiligt. Im Rahmen einer Lehrveranstaltung wurden zudem ausgewählte Werke Lechlers editiert und einer Aufführung in der Gegenwart zugänglich gemacht.
Anfang November fand dazu ein dreitägiges Symposium an der Bruckner-Universität Linz statt. Unter den Referenten war auch P. Altman Pötsch. Im Rahmen des Symposiums gab es ein Gesprächskonzert mit Musik von P. Benedikt Lechler. Ein Ensemble der Bruckner-Uni brachte am 3. November bei der lateinischen Sonntagsvesper zwei Werke Lechlers zu Gehör.
Das umfangreiche Musikarchiv umfasst Autographen, rund 10.000 Handschriften sowie historischen Drucke und Musikinstrumente. Schwerpunkte der Archivs sind geistliche Vokalmusik des 17. Jahrhunderts und Kirchen- sowie Instrumentalmusik der Vorklassik. Unter den rund 70 Instrumenten vor 1850 zählen vor allem eine Kammerorgel von 1587 sowie sechs Lauten aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu den wichtigsten musikalischen Schätzen des Stifts.
Bericht aus KATHPRESS-Tagesdienst Nr. 286 vom 2. November 2019, Seite 19