Österliche Bußzeit
Fastenpredigt von Abt Ambros gehalten beim gesungenen Kreuzweg in der Pfarrkirche Eberstalzell.
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Die Kirche feiert im Laufe eines Jahres das Kirchenjahr. Alle Heilsereignisse – das Leben Jesu – werden in dieser Zeit betrachtet und wieder miterlebt. Das brauchen wir, damit wir erinnert werden und nicht vergessen, was unsere Lebensgrundlage als Christen ist. Eine besondere Zeit des Kirchenjahres ist die Fastenzeit, die österliche Bußzeit. Der Hl. Benedikt, unser Ordensgründer, hat in seiner Regel ein Kapitel über die Fastenzeit geschrieben, es ist das Kapitel 49.
Die Fastenzeit (RB 49)
Der Hl. Benedikt beginnt das Kapitel über die Fastenzeit mit den Worten: „Der Mönch – wir können auch Christ einsetzen – soll zwar immer ein Leben führen wie in der Fastenzeit. Dazu aber haben nur wenige die Kraft. Deshalb raten wir, dass wir wenigstens in diesen Tagen der Fastenzeit in aller Lauterkeit auf unser Leben achten.“
Benedikt hat ein großes Verständnis für uns Mönche und Christen. Er weiß, dass wir oft zu wenig Kraft haben und im Glauben und in guten Werken nachlässig sind. Darum will er in uns den Eifer wecken für die „kurze“ Zeit der Fastenzeit – für die 40 Tage, wenigstens in dieser Zeit – wie er schreibt – in aller Lauterkeit auf unser Leben achten!
Unser Ordensvater weist uns zunächst auf den Sinn der österlichen Bußzeit hin. Die Fastenzeit ist immer eine Zeit des Neuanfangs, der Intensivierung und der Suche nach dem Wesentlichen, verbunden mit der Absage an alles Nebensächliche und Unbedeutende. Es geht um die Lauterkeit des Lebens, um Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Ernsthaftigkeit, Glaubwürdigkeit – es geht um die Achtsamkeit, um das „wieder neu lernen und einüben der Liebe!“ Damit gibt Benedikt den Grundakkord für die gesamte Fastenzeit an. Für diesen Grundakkord möchte ich einige Anregungen für diese Fastenzeit, für diese österliche Bußzeit geben.
Frei sein für Gott = Sich Zeit nehmen für Gott
Benedikt liegt sehr am Herzen das bewusste Frei sein für Gott – er nennt es frei sein für die Lesung. Damit meint er die Lesung der Heiligen Schrift. Wie wäre es, wenn die Bibel während der Fastenzeit zu Hause aufgeschlagen auf dem Tisch liegt? Oder eine Gebetszeit am Tag einhalten, ein regelmäßiges Gebet, wie z.B. der Engel des Herrn, der Rosenkranz, das Freitagsgebet zur Sterbestunde Jesu, das Beten des Kreuzweges oder der gesungene Kreuzweg wie hier in Eberstalzell. Es ist eine Einladung Zeit mit Gott zu verbringen. Frei sein für Gott = Sich Zeit nehmen für Gott.
Benedikt wird dann sehr konkret: „Gehen wir also in diesen Tagen über die gewohnte Pflicht unseres Dienstes hinaus durch besondere Gebete und durch Verzicht beim Essen und Trinken… Jeder entziehe seinem Leib etwas an Speise, Trank und Schlaf und verzichte auf Geschwätz und Albernheiten.“
Das rechte Maß – die Mutter aller Tugenden
Auch die Entsagung, das Fasten ist ein wesentlicher Teil der österlichen Bußzeit. Es zeigt die Ernsthaftigkeit einer christlichen Lebensführung. Da geht es immer um das rechte Maß. Benedikt nennt es in seiner Regel „Mutter aller Tugenden“. Das rechte Maß. Da braucht es die Gabe der Unterscheidung, um die wir immer wieder beten müssen. Wo ist das Zu Viel – wo ist das Zu Wenig? Ein Heiliger sagt: „Alles Übermaß, auch an Speisen, bringt den Menschen aus dem Gleichgewicht und macht ihn unfähig zur Kontemplation und Meditation.“
Ich denke, dass es jeder und jede von uns spürt, wo der Hebel anzusetzen ist. Nicht unbedingt bei weniger Schlafen, eher bei weniger Fernsehen, weniger Computer, weniger Handy, weniger Freizeitvergnügen. u.v.m. Wir sollen die rechte Balance finden für unser Leben, das rechte Maß, damit Körper, Seele, Herz und Geist im Einklang sind.
Von Geschwätz und Albernheiten spricht Benedikt. Ich denke da an Papst Franziskus, der beim Angelusgebet einmal sagte: „Auf zwei Dinge sollen wir verzichten: Geschwätz und Verleumdungen. Dieser Verzicht schade niemandem.“ Weiter empfahl Papst Franziskus auch wieder das tägliche Lesen der Bibel.
Einige Anregungen für die Fastenzeit:
- Stress Fasten – und Nein sagen lernen – seine eigenen Grenzen ausloten. Wieviel kann ich mir zutrauen? Zeiten der Stille suchen.
- Chaos Fasten – und Ordnung schaffen. Äußere und innere Ordnung schaffen. Altlasten entsorgen. Materielles, aber auch Geistiges. Schuld und Sünde durch die Beichte abgeben.
- Mecker Fasten – dafür aber mehr Loben. Wieviel schimpfe ich, wieviel nörgle ich? Lob ist Antriebsmotor für die Seele.
- Konsum Fasten – Ich muss nicht alles haben -verzichten einüben. Sokrates: „Ich möchte alles sehen, was ich nicht brauche.
- Promille Fasten – und damit klaren Kopf bewahren. Frage Dich: Was ist bei mir schon zur Gewohnheit geworden? Zu einer Selbstverständlichkeit, die schadet und nicht gut ist?
Alle diese asketischen Übungen, alles was wir in der Fastenzeit tun oder lassen, alle konkreten Vorsätze sind nichts anderes als eine Hinführung auf Ostern hin. Das möchte in uns eine christliche, ja asketische Haltung einprägen, die uns als ernsthafte und glaubwürdige Christen zeigt. So werden wir auch immer mehr zu österlichen Menschen – wie es der Hl. Benedikt schreibt: „Mit geistlicher Sehnsucht und Freude das heilige Osterfest erwarten.“
Ihnen allen eine gesegnete Fastenzeit
Abt Ambros
Gesungener Kreuzweg mit Fastenpredigt in der Pfarrkirche Eberstalzell, jeden Fastensonntag um 13:30 Uhr.