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30. Mai 2022

Ein Universum im Kleinen

Eine Welt voller Wunder entwirft die neu gestaltete „Wunderkammer“, die ab Pfingsten wieder im Rahmen einer Stiftsführung zu sehen ist.

Über Jahrhunderte haben Äbte und Mönche Kuriositäten und Raritäten, Wunder der Kunst und Wunder der Natur zusammengetragen und so eine Sammlung geschaffen, die zum Staunen bringt. Der Aspekt des Wunderns – sei es als „Wunder der Natur“ oder „Wunder der künstlerischen Technik“ – trifft auf die Faszination der „Kuriosität“ ebenso wie auf Objekte, die auch als Zeugnis des Glaubens“ verstanden sein wollen. In der neuen Präsentation lässt sich diese Schönheit neu entdecken.

stift kremsmuenster Wunderkammer 2

Abt Ambros, P. Altman (Kustos der Kunstsammlungen) und P. Daniel (Tourismus und Stiftsführungen) präsentieren Beispiele für diese Sammlung, die derzeit neu aufgestellt wird: Holzrelief mit der Darstellung „Anbetung der Hirten“ von J.G. Schwanthaler, eine Konterfettenkugel aus Elfenbein (Nürnberg 1700) und ein venezianisches Flügelglas.

„In unserer Zeit ist so vieles so selbstverständlich geworden. So sind wir in Gefahr, das Staunen zu verlernen. Die vielen kleinen und großen Kostbarkeiten der Wunderkammer wollen uns wieder neu ins Staunen versetzen und die Dankbarkeit in uns wecken“, so Abt Ambros.

Mit der Umsetzung der Neuaufstellung ist der Kunsthistoriker Dr. Andreas Gamerith beauftragt. Er ist Archivar im Stift Zwettl und hat auch Ausstellungen im Stift Altenburg und im Stift Melk begleitet. Das graphische Konzept stammt von der Möbeldesignerin Doris Zichtl MA. Die Schränke für die neue Aufstellung fertigen in bewährter Weise unsere Stiftstischler an.

P. Daniel Sihorsch, der Leiter des Tourismus- und Führungsbetriebes, schreibt zu diesen Sammlungen:

Die zahlreichen Objekte der Wunderkammer spielen mit der Verknüpfung des ästhetischen Werts der unterschiedlichsten Materialien der Natur mit handwerklicher Kunst. So finden sich hier kostbare Holz- und Elfenbeinschnitzereien des 17. und 18. Jahrhunderts, wertvolle Arbeiten aus Wachs und Stein, kunstvolle Einarbeitungen von Kokosnuss, Straußenei, Koralle und Schildpatt, Gold- und Silberschmiedearbeiten, Emails, Gemälde, intarsierte Kästchen, Terrakotten, Bestecke und Rosenkränze – ein bunter Kosmos, der in unserer reizgetränkten Welt auch heute zum Staunen und Innehalten einlädt über die Wunder der Natur und des schöpferischen Schaffens des Menschen.

Die Wunderkammer im Stift Kremsmünster – ein Universum im Kleinen, so könnte man diese Sammlung zusammenfassen. Sie blickt auf eine lange, sich wandelnde Sammlungs-Geschichte zurück, einer Geschichte die von der Sammeltätigkeit und dem Mäzenatentum der Äbte sowie dem Interesse einzelner Patres getragen, von der Renaissance ins Barock führt und im 18. Jahrhundert mit dem Bau und der Ausstattung der Sternwarte als Universalmuseum einen Höhepunkt erreicht hat. Von dort ging es über andere Aufstellungsorte in den heutigen Raum – und die Kunstkammer wandelte sich mehr und mehr zur Wunderkammer. Die ursprünglich in einem Gebäude präsentierten drei Gruppen der „Naturalia“, „Scientifica“ und „Artefacta“ wurden getrennt; die Objekte der Natur und die wissenschaftlichen Instrumente blieben zum guten Teil in der Sternwarte, die Objekte der Kunst kamen in neues Museum.

Die Wunderkammer zeichnet aus, dass sie vornehmlich Kunstwerke präsentiert, die die „Naturalia“, die „Wunder der Natur“ mit dem „Wunder der künstlerischen Technik“ verbinden. Treffen sich diese beiden Aspekte des Wunderns, so wächst wie von selbst die Faszination der „Kuriosität“. Die „Werke des Wunderns“ tragen also ursprünglich keinen Sinn des Gebrauchs oder der Didaktik in sich. Sie entspringen vielmehr der reinen Freude und Faszination an den Dingen der Natur und der künstlerischen Fertigkeit. Im Wirkungsbereich des Klosters kommt hinzu, die Objekte als Zeugnisse des Glaubens zu verstehen. Der Mensch freut sich an der Schöpfung und wird durch seine Kunstfertigkeit selbst zum Schöpfer. Wo Natur und Kunst eine so enge Symbiose der Freude und des Spiels eingehen entsteht eine neue Welt des Staunens und Wunderns, die eine Tür ins Paradies öffnet.

Die Motive aller Sammlungen, wie die Wertschätzung, der achtsame Umgang und das Bewahren, liegen im Verständnis der Benediktiner begründet, dass „in allem Gott verherrlicht werde“, wie es Benedikt in seiner Regel zitiert (RB 57,9), zudem mögen alle Geräte des Klosters, ja der gesamte Besitz wie heiliges Altargerät betrachtet werden (RB 31,10).

Besichtigungsmöglichkeit der Wunderkammer:
Ab Samstag, 4. Juni 2022 im Rahmen einer Stiftsführung
Dienstag bis Sonntag, jeweils um 11:30 und 14:00 Uhr, Beginn ist im Klosterladen
Kontakt: , 07583/5275-151